Verfolgung und Selbstmord von eine Mutter von 4 Kindern durch nicht gesetzliche Handlungen der staatlichen Organe von Belarus aufgrund des Dekrets Nr. 18. (zweiter Fall im Februar 2019)

Leider sind wir gezwungen, buchstäblich den zweiten Selbstmordfall einer Mutter in Folge zu melden, der die staatlichen Behörden ihre Kinder weggenommen haben. Die Beschreibung dieses Falles basiert auf Veröffentlichungen unabhängiger Medien.

Das Dekret Nr. 18, das als Gesetz zum Schutz von Kindern konzipiert war, wurde schließlich zu einem strafenden und repressiven Instrument, das den Tod von Kindern und Müttern verursacht. Anstatt den Familien in schwierigen Situationen zu helfen, verschärfen die staatlichen Behörden durch ihre Strafmaßnahmen die Situation so sehr, dass sie kritisch wird. Dies ist der zweite Selbstmord einer Mutter im Februar 2019, die durch die Verfolgung staatlicher Behörden zur Verzweiflung gebracht wurde.

Wir fordern kategorisch die Wegnahme der Kinder aus den Familien zu unterlassen, insbesondere als präventive Maßnahme des Drucks auf die Eltern. Das Wegnehmen  eines Kindes aus der Familie sollte immer der  letzte Ausweg sein, aber  keinesfalls eine präventive Maßnahme in der Arbeit mit der Familie sein!

Am 7. Februar 2019, zwei Tage nach dem Selbstmord von Olga aus dem Dorf Buda, Region Gomel (wegen der Drohungen von Beamten, ihre drei Kinder in ein Kinderheim zu bringen), erhängte sich Tatyana. Sie war eine Mutter von vier Kindern aus dem Dorf Vaikuntsy, Kreis Voronovsky, Region Hrodna. Tatyana beging Selbstmord an dem Tag, an dem Beamte ihre vier Kinder wegnahmen und sie in ein Waisenhaus brachten.

Tatiana war 30 Jahre alt. Sie  und ihr Mann Andrej erzogen vier Kinder im Alter von 13, 12, 11 und 4 Jahren. Laut Andrej brachten die Beamten die Kinder am Nachmittag des 7. Februar von ihrer Familie  weg. Am Abend fand der Mann seine Frau tot in der Sommerküche

Die Familie wurde als  eine sich in einer sozial gefährlichen Lage befindende registriert. (SGL, russisch- COP). Dies erfolgte 2014 aufgrund der „Nichtnüchternheit“ von Tatiana, die an diesem Tag ihre jüngste Tochter zur Welt brachte, erklärt Lehrerin Anna, die in der Sekundarschule Pahorodno arbeitet, wo die  anderen Kinder der Verstorbenen lernten.

Die Familie wurde dreimal in das Register der SGL-Familien aufgenommen und aus dem Register wieder entfernt.

„Manchmal war es unhygienisch, manchmal war der Kühlschrank leer. Sie tranken beide die ganze Zeit ein wenig, beide waren bei dem Narkologen registriert. Aber sie haben nicht gestritten, sie haben sich nicht geschlagen“, sagt Anna, die Lehrerin, über die Gründe für die Registrierung der Familie.

Infolgedessen beschlossen die Beamten, die Kinder präventiv wegzunehmen, um die Familie zu zwingen, aus dem alten Haus in ein neues Haus zu ziehen.

Im Dezember 2018 erhielten Andrej und Tatiana als Großfamilie eine Wohnung in Woronowo. Es gab jedoch keine finanziellen Mittel, um Möbel auf einmal zu kaufen und das alte Mobiliar in die neue Wohnung zu bringen, so dass der Umzug immer wieder verschoben wurde. Trotzdem bestanden die Inspektoren darauf, dass sich die Familie schneller bewegt und begannen, Druck auszuüben und damit zu drohen, die Kinder wegzunehmen. Als Tatiana und Andrej zuletzt in die Schule vorgeladen  wurden, wurde vereinbart, dass der Umzug bis zum 14. Februar stattfinden sollte.

Der Ehemann der Verstorbenen hat seine eigene Vorstellung davon, warum die Kinder weggebracht wurden: „Im Januar wurden die Kontrollen häufiger“, sagte Andrej. Er erinnerte sich, dass die Inspektoren nur einmal, nach Silvester am 2. Januar, eine Bemerkung über den Alkoholmissbrauch seiner Frau gemacht haben. Der Hauptvorwurf war seiner Meinung nach ein gewisses Chaos zu Hause.

Er erklärte, dass seine Frau neben ihrer Haupttätigkeit einen Kollegen vertreten musste, der ins Krankenhaus eingeliefert worden war. Deshalb war sie oft vom frühen Morgen bis spät in die Nacht bei der Arbeit, und es blieb keine Zeit, bei vier Kindern alles aufzuräumen.

„Manchmal hatten wir keine Zeit für den Abwasch. Die Kontrolleure kamen und stellten fest: Mal war das Geschirr schmutzig mal hatten sie etwas anderes auszusetzen. Deshalb schikanierten sie uns“, sagt Andrej.

„Ich werde es nicht einfach so hinnehmen“, sagte Andrej und fing an zu weinen.

Die Nachbarin  Czeslawa sagte, dass die Familie von Tatjana und Andrej eine normale Dorffamilie sei. Tatiana war ihrer Meinung nach eine arbeitsame Frau. Wenn es notwendig war, ihren Dorfnachbarn zu helfen, war sie die Erste.

„Vielleicht haben sie getrunken. Es ist schwer zu sagen, wenn man nicht zusammenlebt“, sagt die Frau.

Eine andere Nachbarin, Irina, bemerkte, dass die Familie einen großen Bauernhof führte: drei Kühe, Schweine, einen Gemüsegarten. Sie verkauften ihre Kartoffeln und gaben die Milch ab. Um Möbel für eine neue Wohnung zu kaufen, verkauften sie eine Kuh und ein Kalb.

„Ich werde nicht sagen, dass sie verlorene Menschen sind. Vielleicht, tranken sie ein wenig, aber ich werde nicht sagen, dass sie herumlagen. Sie haben nie miteinander geschimpft oder sich geschlagen, nie die Polizei gerufen“, sagt Irina.

Sie bemerkte auch, dass Tatyana und Andrej gutmütig und bereit waren, bei der Hausarbeit zu helfen. Die Kinder in der Schule waren durchschnittlich, aber sie waren gepflegt, gut angezogen, mit Schuhen versehen und haben alle  immer höflich  gegrüßt.

Irina stimmt zu, dass das Haus, in dem die Familie lebte, alt war, mit einer Toilette draußen (Plumpsklo) und Wasser aus dem Brunnen. Das Ehepaar korrigierte jedoch die Mängel, auf die  hingewiesen wurde: tapezierte und  strich  Wände.

Tatiana wurde am 9. Februar begraben. Die Kinder durften aus dem Kinderheim zur Beerdigung kommen.

„Natürlich weinten die Kinder. Der Zustand der Kinder lässt sich nicht in Worte fassen“, sagt Irina.

Tatiana und Andrej gingen regelmäßig in die Kirche. Der Priester erlaubte trotz des Selbstmords, den Sarg in die Kirche zu bringen und für die Verstorbene zu beten.

Jetzt sind die Kinder im Sozial- und Bildungszentrum Radun. Der Vater plant, in eine neue Wohnung zu ziehen, einen Job in Woronowo zu finden und die Kinder so schnell wie möglich abzuholen.

Nach Angaben des offiziellen Vertreters der Ermittlungskommission, zuständig für das Gebiet Hrodna, Sergej Shershenevich, wird der Tod einer Bewohnerin des Bezirks Woronowo überprüft.

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