Monitoring staatlicher LTPs (medizinische Behandlungszentren für Arbeitstherapie) für alkohol- und drogenabhängige Menschen in Belarus (Mai 2020)

Inhalt:

  1. Einleitung.
  2. Kapitel 1. Interessante Fakten über staatliche LTPs.
  3. Kapitel 2. Sklavenarbeit von Menschen in staatlichen LTPs.
  4. Kapitel 3. Aussagen der betroffenen Insassen über die LTPs

EINLEITUNG

Anfang 2011 erlebte Belarus eine starke Abwertung des belarussischen Rubels und eine tiefe Wirtschaftskrise, die mehrere Monate lang Massenproteste auslöste. Dies veranlasste die belarussische Regierung, über Wirtschaftsreformen im Land nachzudenken.

Wenn wir vor 2011 glaubten, dass alle Wirtschaftsreformen in Belarus demokratisch sein , auf einen freien Markt abzielen  und die Rolle des Staates in der Wirtschaft reduzieren können, dann war die reale Erfahrung  enttäuschend – Wirtschaftsreformen können auch  nicht demokratisch sein.

Bei seinen Wirtschaftsreformen setzte der belarussische Staat auf den maximalen Einsatz von Sklavenarbeit und begann, in Erinnerung an die Erfahrungen der Sowjetunion, den GULAG in verschiedenen und unerwarteten Formen wiederherzustellen. Der GULAG war die Hauptabteilung für Strafvollzugsarbeitslager – eine Unterabteilung der Machtstrukturen der Sowjetunion, die  unter  unterschiedlichen Namen  bekannt ist: der NKWD (KGB) der UdSSR, das Innenministerium der UdSSR, das Justizministerium der UdSSR. Sie verwaltete 1930-1960 die Haft- und Gefangenenlager.  Im Gulag war die unbezahlte Arbeit der Gefangenen weit verbreitet, wobei die Gefangenen sehr oft an Folter, Hunger und mangelnder medizinischer Versorgung sowie an unmenschlichen Haftbedingungen starben.

Da sich Alexander Lukaschenko jedoch darauf konzentriert, Geld vom Westen zu bekommen (und eine ganze Menge davon erhält), ist es für ihn wichtig, ein positives Bild vom Land zu vermitteln. Aber   die Sklaverei in Belarus und der aktive Aufbau des GULAG könnten die Beziehungen zum Westen gewissermaßen trüben. Deshalb beschloss die belarussische Regierung, verschiedene verwundbare  soziale Gruppen in Belarus als Sklaven und kostenlose Arbeitskräfte einzusetzen, um nicht auf solche Aktivitäten aufmerksam zu machen. Zunächst einmal wurden Alkohol- und Drogenabhängige als Kandidaten für Sklaven registriert, ebenso Kinder aus verschiedenen sozialen Gruppen. Warum ausgerechnet sie?  Da weder Kinder noch Alkoholabhängige sich selbst schützen können und  die Aufmerksamkeit der Menschenrechtsgemeinschaft nicht auf sich ziehen. Nicht zuletzt  auch wegen des Schweigens ihrer Familien und Verwandten sowie  der großen Stigmatisierung in der öffentlichen Meinung.

Es ist sehr wichtig, darauf hinzuweisen, dass der belarussische GULAG auf der Grundlage von Erlassen (Dekreten) und Verordnungen des Präsidenten aufgebaut ist, d.h.  dass Alexander Lukaschenko und die belarussische Regierung genau wissen, was sie tun, und dass dies eine systematische und zielgerichtete Staatspolitik ist. Hier sind einige Beispiele:

  1. Präsidialerlass (Dekret) Nr. 6 „Über dringende Maßnahmen zur Bekämpfung des illegalen Drogenhandels“. Erlaubt, Kinder und Jugendliche im Alter von 14-29 Jahren wegen geringfügiger gewaltloser Verbrechen im Zusammenhang mit Drogen für lange Zeit (8-20 Jahre) zu inhaftieren. Die Gesamtzahl der Kinder und Jugendlichen, die als Sklaven in öffentlichen Gefängnissen (Strafkolonien) arbeiten, liegt bei etwa 18.000 bis 20.000 Jugendlichen und Heranwachsenden.
  2. Präsidialerlass Nr. 18 „Über zusätzliche Maßnahmen für den staatlichen Schutz von Kindern in sozial verwahrlosten Familien“. Alleinerziehende Mütter, die sich in einer schwierigen finanziellen Situation befinden, sind in der Regel der Sklaverei ausgesetzt. Dem Erlass zufolge sind Mütter, denen ihre Kinder weggenommen wurden, verpflichtet, als Sklaven in staatlichen Unternehmen zu arbeiten.

Dieser  Erlass ermöglichte unter anderem auch die sexuelle Ausbeutung von 8.000 bis 10.000 Kindern im Alter von 12 bis 16 Jahren, die aus den Familien genommen und in Kinderheimen untergebracht wurden (nach den in einem Gerichtsverfahren angekündigten Materialien).

  1. Verordnung Nr. 242 des Präsidenten der Republik Belarus „Über die Verbesserung der Arbeit des Strafvollzugs- und Strafvollzugssystems des Innenministeriums“. Regelt die Aufnahme von Alkohol- und Drogenabhängigen in so genannte LTPs (medizinische Behandlungszentren für Arbeitstherapie). Es gibt dort keine Behandlung! Es handelt sich um den Einsatz von Sklavenarbeit von denen, für die sich keine Strafartikel in der Gesetzgebung gefunden haben. Ungefähr 12.000 Menschen werden jedes Jahr dorthin geschickt, aber aufgrund der begrenzten Anzahl von Plätzen werden nur etwa 6.000 Menschen dort aufgenommen. Dort werden sie   als Sklaven benutzt, sie arbeiten    in verschiedenen staatlichen Industriebetrieben. Die Zahl der LTPs nimmt zu. Es gab sieben, aber fünf Jahre später gab es schon  neun.
  2. Präsidialerlass Nr. 3 „Über die Verhinderung sozialen Schmarotzertums “ und Präsidialerlass Nr. 1 „Über die Förderung der Beschäftigung der Bevölkerung“, der den vorherigen Erlass quasi korrigierte. Mit diesen normativen Akten wurde eine Steuer auf die Arbeitslosigkeit eingeführt. Wenn eine Person keine Arbeit hat, ist sie verpflichtet, die Steuer an den Staat zu zahlen, und wenn es kein Geld für die Steuer gibt, muss sie dieses Geld durch eigene Arbeit ersetzen. Auf solche Weise plante der Staat, „Parasiten“ als Sklaven einzusetzen. Die Idee ist nicht neu, in der UdSSR gab es eine Steuer für „Parasiten“(Personen, nie nicht arbeiten) oder eine Steuer dafür, dass man keine Arbeit hatte.  Der Staat schätzte etwa 500.000 Belarussen als potenzielle Sklaven, aber die Einführung der Steuer auf die Arbeitslosigkeit – der  Arbeitslosenabgaben- per Erlass (Dekret) löste 2017 Massenproteste von Belarussen aus, so dass der Staat diese Idee vorläufig  aufgegeben hat und plant, in diesem Bereich  doch eine Verschärfung, nur schrittweise einzuführen.

Es ist auch wichtig zu beachten, dass der belarussische Staat den Einsatz von Sklavenarbeit absolut immer vertuscht, indem er angeblich die Rechte der sehr verwundbaren  Gruppen schützt oder gar für ihre Rechte kämpft.

Heute möchten wir  unser Monitoring vorstellen, das den so genannten staatlichen LTP – medizinischen Behandlungszentren für Arbeitstherapie  und Arbeitstherapiekliniken gewidmet ist, in denen Alkohol- und Drogenabhängige offiziell untergebracht sind, sowie den Müttern, denen  ihre Kinder aufgrund der Verordnung Nr. 18 weggenommen wurden und die dem Staat kein Geld für die Unterbringung ihrer Kinder in Waisenhäusern zahlen konnten, sondern  diese Beträge erarbeiten mussten.

Kapitel 1. INTERESSANTE FAKTEN über LTPs

Gegenwärtig gibt es in Belarus 9 LTPs (medizinische Arbeitstherapiezentren  für Alkoholabhängige)

  • LTP № 1 – Svetlogorsk (Gebiet Gomel)
  • LTP-2 (weiblich) – Staroselie (Bezirk Goretskij, Gebiet Mogiljow)
  • LTP №3 (weiblich) – Pavlovka (Bezirk Slutskiy, Gebiet Minsk)
  • LTP № 4 – Vitebsk (Gebiet Vitebsk)
  • LTP Nr. 5 – Vselyub/Novogrudok (Gebiet Grodno)
  • LTP №6 – Dzerzhinsk (Gebiet Minsk)
  • LTP Nr. 7 – Mogilev (Gebiet Mogilev)
  • LTP №8 – Novopolotsk (Gebiet Vitebsk)
  • LTP Nr. 9 (für Frauen) – Vitebsk (Gebiet Vitebsk)

Im Jahr 2015 zählten sie fast 6,7 Tausend Menschen. Die Bürger werden dort für ein Jahr untergebracht. Theoretisch kann dieser Zeitraum verkürzt werden, wenn die betroffene Person gut arbeitet und sich durch gutes Verhalten auszeichnet.  Es muss betont werden, dass dies formell kein Gefängnis ist, aber die Bedingungen dort sind die gleichen. Und da es kein Gefängnis ist, ist es einfacher, dorthin zu geraten, aber es ist schwieriger, von dort frei zu kommen, weil das Gesetz nicht auf der Seite derer steht, die dorthin gekommen sind.

82% der Bürger in LTPs sind vorbestraft, während ihres Aufenthaltes dort  begehen sie  aber keine Straftat. Etwa die Hälfte der isolierten Personen ist per Dekret № 18 verpflichtet, die Kosten für den Unterhalt ihrer Kinder, zu erstatten.

Die Zahl der „behandelten“  Personen und der  Arbeitstherapiezentren  wächst: 2012 gab es 6 solche Zentren, darunter nur ein solches Zentrum  für Frauen. In diesen Zentren waren  damals 1600  Personen untergebracht. Seitdem hat es mindestens 6000 Insassen dieser Anstalten (2015) gegeben. 2020 sind   9 LTPs, davon 3 für Frauen.

Beispielsweise werden  im LTP  Nr. 7 in Mogiljow jährlich etwa 800 Männer quasi rehabilitiert(Link проходят реабилитацию)Die Behörden nennen es Behandlung oder Rehabilitation, aber dort wird keine Behandlung angeboten.

Das belarussische Parlament schenkt der Sklavenarbeit regelmäßig Aufmerksamkeit und unterstützt die Präsidialdekrete mit seinen eigenen Erfindungen. Zum Beispiel haben die Parlamentsmitglieder  im Mai 2020 Änderungen des Gesetzes über LTP in Betracht gezogen, indem sie für jeden LTP-Bewohner, der sich „schlecht benimmt“, 2 Quadratmeter  Wohnfläche vorgeschlagen haben. Dies ist eine Art schwarzer Humor, denn mit dem Ausdruck  „2 Quadratmeter“ wird in der belarussischen Kultur ein Grab auf einem Friedhof genannt. Darüber hinaus wurde vorgeschlagen, den Wiederholungsstörern  der Disziplin in der Anstalt, die Dauer der persönlichen freien Zeit von drei auf eine Stunde pro Tag zu verkürzen.

Jeder weiß, was Quarantäne im Moment bedeutet. Nun, jede Person, die in einem  LTP eintrifft, wird einer 14-tägigen Quarantäne unterzogen, und diese Regel gilt seit 2013!

Die Behörden versuchen, mehr Menschen in die LTPs zu „locken“. Der Rekord für Aufenthalte im LTP gehört heute einem Einwohner von Bobruisk, der 16sechzehn! – Male (und jedes Mal, wie wir verstanden haben, ein Jahr lang) ins LTP aufgenommen wurde. Dabei kann eine solche Person nie vorbestraft gewesen sein  und hat noch nie ein Gefängnis gesehen. Offenbar hat das  LTP diesen Mann in all den Jahren nicht sehr gut behandelt. Er starb bei seinem 16. Aufenthalt  in der Anstalt vor seinem 60. Geburtstag,  in dem Alter, nach dem man nicht mehr ins  LTP aufgenommen werden darf.

Das Sicherheitspersonal  von LTPs wird sehr gut bezahlt  und hat  viele Vergünstigungen.

Anforderungen und Bedingungen für die Arbeit als Sicherheitsbeamter bei dem LTP. Es bedarf keiner Erfahrung, keiner Ausbildung,  dafür aber bekommt man 760 Rubel, ein zinsgünstiges Darlehen, eine Befreiung vom Militärdienst und eine Arbeit von weniger als zweimal pro Woche.

Die einzige Region, in der es keine LTPs gibt –  ist Brest, aber in der Region Witebsk gibt es dafür drei (dies ist ein Rekord).

Kapitel 2. Menschen in LTP werden vom Staat als Sklaven benutzt.

Wie hoch ist das Gehalt für die Arbeit im  LTP? Laut Ruslan Trubkin gibt es 201 nicht denominierte belarussische Rubel im Monat (etwa 1 Eurocent), während im März – 706 nicht denominierte Rubel im Monat (etwa  3 Eurocents).

 

Wie sind LTPs  nach dem Zerfall der UdSSR 1991 in Belarus entstanden? Eigentlich sind sie nie verschwunden, zum Beispiel LTP № 5 ist stolz darauf, dass sie 37 Jahre alt ist. In den Jahren 2007 und 2010 wurden sie zu einer Norm gebracht.

Im Jahr 2007 wurden sie durch die Verordnung Nr. 611 des Präsidenten der Republik Belarus vom 4. Dezember 2007 „Zu einigen Fragen des Innenministeriums und Organisationen, die Teil des Systems der Organe für innere Angelegenheiten sind“ erneut dem  System der Strafvollzugsbehörde des Innenministeriums (des DIN) untergeordnet:

Dieser Erlass enthält eine Liste der dem Innenministerium und der Strafvollzugsbehörde  untergeordneten Einrichtungen, (insbesondere  Wirtschaftsunternehmen), die  Sklaven von LTP einsetzen, z.B.:

Staatliche Einrichtung  „Fuhrpark des Innenministeriums der Republik Belarus“.

Republikanisches  Produktionseinheitsunternehmen „Vereinigtes Redaktionsbüro des Innenministeriums“.

Innerhalb der Strafvollzugsbehörde gibt es nicht nur Strafkolonien, sondern auch

Republikanischen Produktionseinheitsbetrieb „Edinitsa“

Republikanisches landwirtschaftliches Einheitsunternehmen „Khutor-Agro“(Gehöft-Agro)

sowie  diese LTPs:

  • Einrichtung „Medizinisches Zentrum für Arbeitstherapie Nr.1“ der  Strafvollzugsbehörde des Innenministeriums des Gebiets Gomel
  • Einrichtung „Medizinisches Zentrum für Arbeitstherapie Nr.2“

der Strafvollzugsbehörde im Gebiet Mogiljow

  • Einrichtung „Medizinisches Zentrum für Arbeitstherapie Nr.3“

der Strafvollzugsbehörde im Gebiet Minsk und in der Region Minsk

  • Einrichtung „Medizinisches Zentrum für Arbeitstherapie Nr. 4“

der Strafvollzugsbehörde im Gebiet  Witebsk

  • Einrichtung „Medizinisches Zentrum für Arbeitstherapie Nr. 5“

der Strafvollzugsbehörde im Gebiet  Grodno

  • Einrichtung „Medizinisches Zentrum für Arbeitstherapie Nr. 6“

der Strafvollzugsbehörde im Gebiet Minsk und in der Region Minsk

Einrichtung „Medizinisches  Zentrum für Arbeitstherapie Nr. 7“

der Strafvollzugsbehörde im Gebiet Mogiljow

  • Einrichtung „Medizinisches Zentrum für Arbeitstherapie Nr. 9“

der Strafvollzugsbehörde im Gebiet  Witebsk

und noch dazu:

Republikanischer Produktionseinheitsbetrieb „LTP-1

Darauf folgte das LTP-Gesetz https://kodeksy-by.com/zakon_rb_o_poryadke_i_usloviyah_napravleniya_grazhdan_v_lechebno-trudovye_profilaktorii.htm

Erklärung des Innenministeriums – wer und wie in das LTP zur Zwangs(sklaven)arbeit kommt. http://gorki.gov.by/pravovoe-reshenie-problemy-alkogolizma-napravlenie-v-ltp

Und dann im Jahre 2014, als Ergebnis der Umsetzung des Präsidialerlasses  Nr. 242 vom 28. Mai 2014 „Über die Verbesserung der Funktionsweise des Strafvollzugs (Strafvollzugssystems) des Innenministeriums“, wurden 2 Strafkolonien in Mogiljow und Nowopolozk aufgelöst und dem System von LTPs hinzugefügt. Angeblich ist dies auf die Verringerung der Zahl der Personen zurückzuführen, die ihre Strafe in den Strafvollzugskolonien verbüßen, nicht aber auf die Zahl der potenziellen Arbeitnehmer, da dann 3 Strafvollzugseinrichtungen auf der Grundlage der beiden Strafkolonien, die liquidiert wurden, und der Zweigstelle des LTP Nr. 4 in Witebsk geschaffen wurden. Das ist in der Tat vor uns ein klassisches Beispiel für die staatliche Manipulation von Zahlen.

Wie lautet der Name der kostenlosen Sklavenarbeitskräfte?

Verwaltungsbeamte nennen ihre  Betreuten einfach „Bürger“: Schließlich ist die Einweisung in ein  LTP keine Strafmaßname, daher trifft das Wort „Verurteilte“ nicht auf sie zu, und der Begriff „Patienten“ ist auch recht relativ …

„Ihre Namen sind Bürger, einfach Bürger“, antwortet auf die Frage eines Journalisten Nikolai Kurko, Leiter eines der Vitebsker LTP:  Sie sind keine Gefangenen, dies ist kein Gefängnis, es ist nur einfach ein Präventionstherapiezentrum“ (eigentlich „nicht einfach“).

Beamte des Innenministeriums bezeichnen diese Personen untereinander als „Sonderkontingent“. Dieses Wort  wurde noch in der Zeit des Gulags  eingeführt und immer verwendet.

Wo arbeitet das Sonderkontingent?

Zum Beispiel in Kolchosen und anderen Unternehmen, die der Behörde für Strafvollzug des Innenministeriums unterstehen. Zum Beispiel über „Khutor-Agro“ (Gehöft-Agro). Dies wird als „Projekt zur Re-Sozialisierung von Sonderkontingenten“ bezeichnet. „Heute arbeiten hier mehr als 60 Bürger, (Link Сегодня здесь работают) die sich im „Medizinischen  Zentrum für Arbeitstherapie“(LTP) von Swetlogorsk in Behandlung befinden, sowie sieben Personen, die aus dem Gefängnis entlassen wurden„. Was machen sie dort? Sie bedienen einen Schlachthof und einen Verarbeitungsbereich, der dann eine Palette von hier hergestellten Würsten, Räucherwaren, Halbfertigprodukten und Nebenprodukten in 200 Positionen produziert. Es ist eine riesige Frage, ob sie freiwillig dort sind oder nicht.

Aus dem schwarzen Humor des Staates: das nächste Erntefest (eine Vorzeigeveranstaltung des Präsidenten) sollte im „Chutor-Agro “ gefeiert werden. (Link Дожинки в “Хутор-Агро”).

Im Gegensatz zu Svetlogorsk ist das LTP Novogrudok auf die Behandlung von Drogenabhängigen spezialisiert. Die Quelle ist die Website des Innenministeriums: „Unsere  die diesjährige Errungenschaft: in jedem Bezirk sind Unternehmen benannt, in die  wir zur Arbeit verhaftete und verpflichtete Personen bringen. In Brest zum Beispiel ist dies das Unternehmen „Recycling“.

Das  LTP Nr. 5   in Novogrudok  versucht mit dem „Chutor-Agro“Schritt zu halten. Beachten Sie den Erlass Nr. 399 des Präsidenten von Belarus, wonach es notwendig ist,  im LTP Nowogrudok die Maßnahmen zur Verbesserung des Gesundheitszustandes zu ergreifen. Nein, nicht den der  Menschen dort! Niemand hat vor, für die Menschen eine Gesundung zu organisieren, es gibt kein solches Ziel. Der Erlass Nr. 399 ist ein normativer Akt zur Sanierung von landwirtschaftlichen Betrieben. Er sieht auch eine Unterstützung des LTP vor, z.B. den Aufschub (Ratenzahlung) der Schuldenrückzahlung einschließlich Strafnachzahlungen, die Ausgabe von Anleihen durch lokale Exekutivkomitees mit anschließendem Verkauf an Banken. Da ist   die Website dieses LTP

http://ltp5.by/

Was passiert, wenn dem LTP plötzlich die Sklavenarbeitskräfte  ausgehen?

Sie werden nie ausgehen.   Das belarussische Parlament ergreift Maßnahmen in Form der Verabschiedung eines Gesetzes, das in der ersten Lesung  am 5. Mai 2020 angenommen wurde. Es sieht vor,  eine neue Kategorie von Bürgern (Link- закрепить неких граждан) zu definieren, die in die  LTP-Einrichtungen geschickt werden dürfen. Es wird auch vorgeschlagen, die Dauer des Aufenthaltes von einem Jahr auf zwei Jahre zu erhöhen.

Gleichzeitig ist das Innenministerium der Ansicht, dass das LTP ein gewisses Rehabilitationspotenzial besitzt (wird es genug Arbeit für alle geben?), um diejenigen, die sich „rehabilitieren“ wollen und sich freiwillig ins LTP begeben,  von denjenigen zu trennen, die zum ersten Mal als „unsozial“ dahin geschickt wurden, und die ersten beiden Gruppen von denjenigen zu trennen, die  zum dritten Mal in diese Anstalt geraten (sie erhalten wohl  besagte jeweils zwei Quadratmeter Wohnfläche dort) oder im Gefängnis waren. In diesem Fall sollte das Sonderkontingent in Männer und Frauen aufgeteilt werden. Tatsächlich werden sechs Kategorien von Bürgern in neun LTP-Einrichtungen  untergebracht werden müssen. Aber das Innenministerium glaubt, dass es genug Platz für alle geben wird.

Die Miliz meint, man muss mehr arbeiten.

Aus einem Interview mit einem Milizbeamten: „Beginnen wir mit der Tatsache, dass wir die ganze Zeit mit dem Aggressor arbeiten. Und wenn er nicht versteht, dass seine Handlungen gesetzwidrig sind, dann werden gegen ihn schwerwiegendere Maßnahmen ergriffen – wir leiten Strafverfahren mit präventiver Ausrichtung ein, schicken ihn an ein  Medizinisches  Zentrum für Arbeitstherapie (LTP). Aber dazu kommt es in der Regel nicht. Auf der anderen Seite wird diese Arbeit noch nicht überall systematisch durchgeführt. In einigen Gegenden werden Friedestörer  sofort aus der Familie entfernt„. Präventive Ausrichtung   bedeutet in diesem Fall: eine Person hat nichts Gesetzwidriges getan, aber irgendwie muss sie ins LTP geschickt werden.

Im Jahr 2015 (noch bevor „Unser Haus“ das Problem der Sklavenarbeit in Belarus aufgriff), sagte der ehemalige Leiter der  Strafvollzugsbehörde (DIN) des Innenministeriums Oberst Sergej Doroschko (später – entlassen): „Persönlich meine Meinung – die Dauer der Inhaftierung in LTPs (medizinische Zentren für Arbeitstherapie) sollte zwei Jahre betragen… Die ersten sechs Monate im  LTP … stellt man  … Arbeitsfähigkeiten  und Fertigkeiten wieder her… Es ist auch notwendig, von einem solchen Konzept wie der freiwilligen Behandlung  wegzukommen – sie sollte erzwungen werden, wie es während der Zeit der Sowjetunion war.“

Er bringt uns allmählich die  Bedeutung des LTP näher: „Wir werden weiterhin Weltstandards für Haftanstalten erarbeiten. Aber eines unserer Hauptziele ist es, die volle und effektive Beschäftigung von Sträflingen und Bürgern, die im  LTP leben, zu sichern … Im vergangenen Jahr (2014 – Kommentar von „Unser Haus„) hat das Repräsentantenhaus ein Gesetz über unseren außerbudgetären Fonds angenommen… Im kommenden Jahr (2016 –  Kommentar von „Unser Haus„), sollten wir erreichen das Volumen der Produktion von 1,2 Billionen (vor der Denomination – Kommentar von „Unser Haus“) Rubel (das entspricht etwa 45 Millionen Euro – der Betrag, den  die  LTPs  in einem Jahr erarbeiten bzw. verdienen.Kommentar von „Unser Haus“) … Zur gleichen Zeit sollten die Produkte wettbewerbsfähig sein außerhalb des Landes“ (d.h. sie verkaufen die Erzeugnisse im Ausland –  Kommentar von „Unser Haus“).

Und noch ein wenig mehr von seinen Offenbarungen über den GULAG: „Wir müssen strategisch festlegen, was wir in fünf Jahren (also im Jahr 2020 – Kommentar von „Unser Haus“)  in der Strafvollzugsbehörde (im DIN) sehen wollen: einen Splitter  des GULAG oder ein perfektes und effektives europäisches System, ausreichend kostengünstig für den Staatshaushalt. Dieser Satz deutet darauf hin, dass die Mitarbeiter des Innenministeriums das System, das sie aufbauen und verwalten, gut kennen.

Kapitel 3. Aussagen der betroffenen Insassen über die LTPs

„Interessierte Person“ (wie Sergej Zirkunowitsch im Prozess genannt wurde –  Kommentar von „Unser Haus“) legte gegen die Einweisung ins  LTP Berufung ein und verwies auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte. Sein Recht auf Freiheit und persönliche Integrität sowie Sicherheit der Person wurde verletzt (Artikel 9); er wird in Knechtschaft gehalten und zur Zwangsarbeit gezwungen (Artikel 8) werden; Inhaftierung im LTP sei eine Tatsache erniedrigenden Umgangs mit den Menschen (Artikel 7). Nach 8 Monaten berichtete das Opfer, dass die Einweisung ins LTP „keine Behandlung ist, keine medizinischen Maßnahmen vorsieht, sondern das ist der Einsatz von Alkoholkranken als kostenlose Arbeitskräfte(Link бесплатной рабочей силы).

Er erhielt  während seines ganzen Aufenthaltes im LTP keine Behandlung. Isolierte Bürger wurden während des Arbeitstages für die Arbeit in Betrieben   eingesetzt, und das verdiente Geld reichte nicht immer für Nahrung und Haushaltsbedarf aus.

Im Jahr 2012 wurde der ehemalige politische Gefangene Wassilij Parfenkow für ein Jahr in so ein  medizinisches Zentrum für Arbeitstherapie (LTP)  eingewiesen: „In unserem Land kann jeder zum vollständigen Alkoholiker gemacht werden. Während der Untersuchung wurde mir der Druck gemessen, mit einem Hammer auf die Knie geschlagen und die zweite Stufe des Alkoholismus mit einer Einweisung ins LTP festgestellt“.

Hier ist ein Beispiel dafür, wie Menschen ins LTP geraten: „Im April letzten Jahres sammelte ein Bezirksinspektor der Miliz Material, um einen Verdächtigen in einem  LTP zu isolieren. Das Gericht lehnte dies jedoch ab und berücksichtigte dabei eine Bescheinigung des quasi Täters, dass er kodiert worden war.(Kodierung gegen Alkoholsucht ist eine verbreitete Maßnahme in Belarus). Allerdings ist eine solche Bescheinigung kein Grund, eine Einweisung ins  LTP  zu annullieren. Weitere Einzelheiten finden Sie hier (Link- подробности тут).

Ich war vor drei Jahren in einem  LTP, – sagt Wjatscheslaw N.  Die Behandlung, die es dort gibt: Sie können zwischen Aspirin und Analgin wählen. Vor meinen Augen starb dort ein Mann, 22 Jahre alt, an hohem Fieber verbrannt. Mit einem Psychologen  habe ich nur einmal  kurz vor meiner Entlassung gesprochen. Ich habe  10 Monate dort verbracht. Die Bedingungen dort erinnern an  ein Gefängnis. Wir fuhren zur Arbeit an einer  Strafkolonie vorbei. Dort war der Zaun niedriger, als bei uns.    Wie auch immer, es ist wie eine Zone. Nur fehlen die Wachhunde“.

Betrachten wir  ein  LTP von innen:

Alltag der Alkoholiker in Belarus, das Fotobuch (Link книга)„Willkommen im LTP“: „Zwangsbehandlung mit Arbeit: Patienten trennen Kupferdrahtlitzen von der Drahtisolierung.

2010: In Molodechno wurden im Rahmen der Kampagne zur Bekämpfung des Alkoholismus örtliche Schulkinder zu einer Gerichtsverhandlung über die Einweisung der Menschen ins LTP in den Gerichtssaal gebracht,

  1. Januar 2020 im LTP № 3 in Slutsk fand ein festlicher Gottesdienst  (Link праздничное богослужение) statt. Im Dorf Pavlovka, Bezirk Slutsk, wurde das Thronfest der Kirche des heiligen Märtyrers Winifathiy abgehalten.

2016, März. Vitebsker Frauen- LTP – 5 Hektar, 560 Frauen. Reportage hier. (Link-Репортаж тут).

März 2020, Witebsk: Eine auswärtige Sitzung der Aufsichtskommission bei der Verwaltung des Bezirks Perwomajskij . Seit zwei Jahren wird ein Pilotprojekt zur Rehabilitation von Bürgern auf der Grundlage des LTP № 9 (und  was wurde mit ihnen davor gemacht?) durchgeführt. Die ersten Ergebnisse der Arbeit wurden von Elena Kutschinskaja, der stellvertretenden Leiterin der  Strafvollzugsbehörde (DIN)- des Innenministeriums der Republik Belarus für das Gebiet Vitebsk, vorgestellt. Die Mitglieder der Kommission erzählten, mit welcher sozialen Unterstützung die Bürger  rechnen können, wenn sie in ihr normales Leben zurückkehren.

2019: Oleg Maksimov, geboren 1961,  schrieb aus dem LTP Nr.6 an „Belgazeta“: „Seit 10 Monaten bin ich im LTP und ich kann nicht verstehen, wie ich – ein Rentner nach Alter, der  Ruhe, Freiheit, Geld (Rente) verdient hat, ins „Gefängnis“, d.h. ins LTP, bis zum Ende meiner Tage geschickt wurde und wofür ich zur Sklavenarbeit gezwungen wurde. Ich wurde versklavt…

Ich wurde als Rentner versklavt, eingekerkert… Menschen, die im  LTP festgehalten werden, sind zur Arbeit verpflichtet. Die Verweigerung der Anstellung oder die selbständige Beendigung der Arbeit zieht Disziplinarmaßnahmen nach sich: Unterbringung in einem Disziplinarraum für bis zu 10 Tage. Das Vorliegen mehrerer Disziplinarstrafen führt per Gerichtsbeschluss zu einer Verlängerung der Aufenthaltsdauer im LTP auf bis zu sechs Monate“.

(Link хартии с видео)

Chudentsovs Artikel über LTP auf der Seite tut.by.  Link :Чуденцов  об ЛТП на тут бае:

Eine Zwangsbehandlung von Alkoholismus gibt es nicht mehr“, überraschte der Leiter des Svetlogorsker  LTP № 1, Sergei Skirukha, den TUT.BY-Korrespondenten. – Die Behandlung wird auf rein freiwilliger Basis und nur auf Wunsch des Patienten durchgeführt. Dieser Ansatz wird durch das Gesetz „Über die Ordnung und Bedingungen der Einweisung von Bürgern in medizinische  Zentren für Arbeitstherapie  und die Bedingungen des Aufenthalts in diesen Einrichtungen“ vom 4. Januar 2010 ¹ 104-З, nach dem wir arbeiten, gewährleistet.

Aus demselben Artikel:

Was auch immer die sogenannten Menschenrechtsverteidiger über den angeblichen „Einsatz von Sklavenarbeit im LTP“ sagen, Wissenschaftler haben längst bewiesen: Es ist produktive, gesellschaftlich geforderte Arbeit, die es am besten erlaubt, krankhafte Abhängigkeiten loszuwerden, positive Eigenschaften der Persönlichkeit wiederherzustellen. Einfach ausgedrückt: Wenn ein Mensch mit Arbeit beschäftigt ist, bleibt einfach keine Zeit mehr für den Gedanken an ein Glas, und produktives Schaffen erhöht das Selbstwertgefühl und die Autorität bei den anderen. Außerdem ist die Arbeit im  LTP nicht kostenlos: alle Bürger, die hier wohnen, erhalten ein Gehalt. Natürlich wird es nicht persönlich ausgehändigt.

Übrigens hilft das Rote Kreuz im LTP bei der Durchführung von Schönheitswettbewerben und Friseursalons: Stellvertretende Generalsekretärin der Belarussischen Rotkreuzgesellschaft Romanija SKOMOROSCHKO: „In den Reihen der BOKK gibt es etwa 16 Tausend Freiwillige“ – jene, die dort zwangsweise für die Wahlen registriert sind.

Aber lassen wir uns nicht ablenken.

Glauben Sie, dass dieser Mann an die Wand uriniert? Nein, er erholt sich während einer vorgeschriebenen Pause. Die Liste der einzuhaltenden Pausen im LTP ist an der Wand zu seiner Linken eingezeichnet…

Im Jahr 2016 beschlossen die Behörden, außer der Verurteilten nach dem Artikel 328, auch diejenigen Drogenabhängigen ins LTP zu stecken, die nicht verklagt werden konnten.

http://www.moyby.com/news/219508/

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