Expertenabschluss zu den Rechtsverletzungen gegenüber dem minderjährigen

KOROTKEVICH GRIGORIJ VIKTOROVICH

(zum Zeitpunkt der Festnahme 17 Jahre alt, Mogiljov)

Geb. 17.11.1998

 

Kapitel 1. Kurze Beschreibung:

Am 9. Februar 2016 trat auf dem Gelände des MGMK (Staatliches Maschinenbaucollege der Stadt Moguljov) bei dem Studierenden Schavrienko Vergiftung durch eine psychotrope Substanz ein und er wurde durch Mitarbeiter des Ministeriums zur Drogenbekämpfung mitgenommen. Es ist bekannt, dass hier kein Strafverfahren eingeleitet und keine Expertise durchgeführt wurde, außerdem ist bekannt, dass Schavrienko mehrfach seine Aussagen geändert hat. Während des Vorfalls war sein Kommilitone und Kindheitsfreund Mamyko in seiner Nähe.

Der Institutsdirektor gab an die Rechtsorgane weiter, dass möglicherweise Korotkevich Grigorij Drogensubstanzen verteilt.  Den gesetzlichen Vertretern des Minderjährigen wurde diese Information vom Direktor nicht weitergegeben. Bei den Durchsuchungen wurde der minderjährige Kommilitone (und Freund von Schavrienko) Mamyko beteiligt, der in dem Fall das Pseudonym „Belov“ hat.

Am 24. Februar 2016 hatte er Grigorij Korotkevich dazu überredet, gemeinsam die Substanzen bei einem seiner Bekannten zu erwerben. Bei ihm wurde versteckte Videoaufzeichnungstechnik festgestellt, auf dessen Verwendung es vom Staatsanwalt keine Sanktionen gab. Auf der Aufzeichnung gibt es kein Datum, keine Uhrzeit, sie bricht plötzlich ab, dabei wird klar, dass im weiteren Verlauf dort dem Rest widersprechende Dinge zu sehen sein könnten, die herausgeschnitten worden sind.  Den Stoff, der sich in den Beutelchen befand, nannte der Beamte, der die Untersuchung leitete, noch vor den Laboranalysen besonders gefährlich; die Analysen fanden eine Woche nach Feststellung statt – auf den Beutelchen wurden keinerlei Fingerabdrücke oder Schweiß-Fettspuren festgestellt, die für die DNA-Analyse brauchbar gewesen wären!

Ab dem Zeitpunkt des „Kontrollkaufs“ bis zur Festnahme (3 Monate!) wurden wiederholt Versuche unternommen, Grigorij Korotkevich auf eine zweite Episode zu provozieren. Am 19. Mai 2016 wurde gegen den minderjährigen Grigorij Korotkevich ein Stravverfahren nach Art 3, Teil 328 des Strafgesetzbuchs der Republik Belarus (in weiteren STGB BR) eröffnet. Er wurde während der Abschlussprüfungsphase festgenommen. Am Morgen kamen die Polizeibeamten zu ihm nach Hause und nahmen ihn in Handschellen mit. Vom 19. Mai bis zum 12. September (fast vier Monate) befand er sich in Untersuchungshaft, wartend auf das Gerichtsverfahren.

Kapitel 2. Rechtsverletzungen gegen den minderjährigen Angeklagten im Strafverfahrensprozess: Глава 2. Нарушения прав несовершеннолетнего в уголовном процессе:

2.1 In den „Kontrollkauf“ war der minderjährige „Belov“ involviert, der gleichzeitig ein guter Bekannter des minderjährigen Grigorij Korotkevich und ein Freund von Schavrienko war, stellte somit keine neutrale Person das. Das bedeutet, dass das, was in Bezug auf Grigorij Korotkevich durchgeführt wurde, eine Provokation darstellt. Darüber hinaus gibt es grpße Zweifel darüber, dass die gesetzlichen Vertreter von „Belov“ in Kenntnis darüber gesetzt wurden und ihr Einverständnis zu solchen Aktionen gegeben haben. Mamyko-„Belov“, trotzdem die Verteidigung das forderte, wurde nicht zum Gerichtsverfahren eingeladen und hat keine Zeugenaussage abgegeben.

2.2 Ungerechtfertigte Anwendung der Vorsorgemaßnahme:

Gegenüber dem Minderjährigen wurde am 20.05.2020 der Beschluss gefasst, ihn in Haft zu nehmen. Er wurde am 19.05.2020 festgenonnen, nach drei Monaten ín denen wiederholt versucht wurde, ihn zu einer Straftat provozieren. Diese Entscheidung ist nur deswegen gefallen, weil der Minderjährige verdächtigt worden war, eine Straftat nach Art 3, Teil 328 des STG B RP begangen zu haben, für die nach dem Gesetz eine Gefängsnisstrafe von über zwei Jahren droht. Das heißt nur aufgrund der angenommenen Schwere der möglichen Straftat. Die Annahme der Untersuchungsbeamten und des Gerichts, dass Grigorij Korotkevich versuchen wollen würde zu fliehen, wurde ohne jegliche Begründung gemacht.

Nach Punkt 13 der Minimalen Standardnormen der Vereinigten Nationen, sollen solche Verhaftungen bis zum Gerichtsverfahren in Bezug auf Minderjährige (Beijing-Regeln) nur in äußersten Fällen angewandt werden.

Die Untersichungshaft wird nach Möglichkeit durch alternative Maßnahmen ersetzt, solchen wie ständige Beobachtung, aktive Erziehungsarbeit oder Unterbringung in Familien, Erziehungseinrichtungen oder -heimen.

2.3 Rechte des Minderjährigen während der Untersuchungshaft:

Am Tag der Festnahme wurde der Minderjährige ohne Anwalt, die gesetzlichen Vertreter oder einen Sozialarbeiter einem Verhör unterzogen. Auch die Blut- und Urinanalysen wurden abgenommen ohne dass ein gesetzlicher Vertreter anwesend war. Der Festgenommene wurde gefoltert. Zum Zeitpunkt der Festnahme hatte der Minderjährige nur den Schulabschluss von neun Schulklassen vorzuweisen und lernte am „Staatlichen Maschinenbaucollege der Stadt Mogiljov“. Aufgrund der Festnahme und Haft war es ihm nicht möglich, seinen Bildungsweg fortzusetzen.

Gemäß der 13. Beijing-Regel dem Minderjährigen sind während der Zeit in Haft Untersützung, Schutz und jegliche individuelle Hilfe bereitzustellen – soziale, psychologische, medizinische, physische sowie Unterstützung im Bereich der Bildung und Berufsvorbereitung.

2.4 Untersuchung der Straftat, Beweisführung. Analyse der Beweise vor Gericht:

Weder der Staatsanwalt noch das Gericht konnte objektive Beweise vorlegen, die zweifelsfrei die Schuld von Grigorij Korotkevich bestätigen würden. Die Aussagen von dem Angeklagten wurden weder beachtet noch vom Gericht widerlegt.

Das Gerichtsurteil basiert auf den Aussagen der Justizmitarbeiter.

Gemäß der 14. Beijing-Regel wenn der Fall des minderjährigen Straftäters nicht unterbrochen worden ist (gemäß Regel 11), dann übernimmt das kompetente Regierungsorgan (Gericht, Tribunal, Rat, Komission usw.) den Fall gemäß den Prinzipien eines gerechten und unparteiischen Gerichts.

Das Gerichtsverfahren muss den Interessen des Minderjährigen gerecht werden und in einer Atmosphäre des Verständnisses erfolgen, was dem Minderjährigen ermöglicht darin teilzunehmen und seine Sicht der Dinge darzulegen.

2.5 Urteilsverkündung und die Wahl der Maßnahmen

Grigorij Korotkevich hat eine äußerst strenge Strafe für die begangene Straftat im minderjährigen Alter bekommen, die gemäß Art. 12 des STGB RB zu einer der schwersten Straftaten gehört. Derweil wurden keine erschwerenden Umstände festgestellt, der Minderjährige selbst wird positiv charakterisiert.

Im Strafgesetz der Republik Belarus fehlt eine entsprechende Maßnahmenschwere. Alles Angeführte deutet auf bestrafendes Strafverfahren in Bezug auf den Minderjährigen hin.

Gemäß der 5. Beijing-Regel ist die Rechtssprechung im Hinblick auf Minderjährige in erster Linie auf das Wohl des Minderjährigen auszurichten und die Sicherstellung dessen, dass jegliches Strafmaß für minderjährige Straftäter stets angemessen in Bezug auf die Persönlichkeit des Straftäters sowie die Umstände der Straftat ist.

Gemäß Punkt A der 17.1 Beijing-Regel muss das Strafmaß stets nicht nur in Bezug auf die Umstände und die Schwere der Tat angemessen sein, sondern auch in Bezug auf die Bedürfnisse sowohl des Minderjährigen als auch der Gesellschaft.  

Im Unterpunkt B der Regel 17.1 wird festgehalten, dass eine rein bestrafende Maßnahme nicht anwendbar ist. Wenn im Erwachsenenstrafmaß eine reine Bestrafungsmaßnahme je nach Schwere und den Umständen der Straftat möglich sein könnte, so überwiegt bei Minderjährigen immer das Interesse, das Wohl und die Zukunft der jungen Menschen sicherzustellen.

Kapitel 3. Expertenbeschluss

Das Gericht hat Grigorij Korotkevich zu einer Haftstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es ist anzunehmen, dass Art. 3 Teil 328 des STGB RB gegenüber dem Minderjährigen rechtswidrig angewandt worden ist, das ausgesprochene Urteil entspricht nicht den Zielen der Strafgesetzverantwortung.

Im Verlauf der Falluntersuchung wurden Rechte des Minderjährigen verletzt und die Mindeststandards der Regeln der Vereinten Nationen ignoriert, die sich mit der Rechtssprechung gegenüber Minderjährigen befassen (Beijing-Regeln):

– bei der Durchführung der operativen Suchaktionen (Kontrollkauf) wurde der minderjährige „Belov“ involviert, obwohl die Situation es möglich machte, eine volljährige Person dafür zu engagieren und keine minderjährigen Personen zu involvieren. In der Gesetzgebung gibt es keine Forderungen zur freiwilligen Teilnahme von Minderjährigen and solchen Operationen und folglich wird keine Zustimmung der gesetzlichen Vertreter gefordert.

Vertraulichkeit der Teilnahme des Minderjährigen an dieser Operation war in Bezug auf Grigorij Korotkevich nicht gegeben, da dieser und „Belov“ sich gut kannten. Wie aus den Fallakten folgt, „Belov“ war keine nicht involvierte Person, was die Echtheit der gelieferten Beweise infrage stellt.

Unserer Meinung nach ist es wichtig in der Gesetzgebung festzuschreiben, dass die Teilnahme und Rekrutierung von Minderjährigen an solchen Operationen untersagt werden soll, wenn es möglich ist, das Ganze mit einer Person durchzuführen, die das Alter von 18 Jahren erreicht hat; die Freiwilligkeit der Teilnahme an der Vorbereitung und Teilnahme an solchen Maßnahmen sollte mit seiner schriftlichen Zustimmung bestätigt werden und der Zustimmung seiner Eltern (bzw. Vertreter).

– dem Minderjährigen gegenüber wurde das höchste Strafmaß gewählt – Gefängnisstrafe. Die Frage nach der Anwendung einer anderen, weniger strengen Strafe, wurde nicht diskutiert;

– Während des Verfahrens selbst wurden die Aussagen des Angeklagten vom Gericht nicht beachtet;

– Grigorij Korotkevich hat ein sehr hartes Strafmaß bekommen, obwohl die ihm auferlegten Straftaten weder in irgendeiner Weise mit Gewaltanwendung gegenüber anderen Personen noch mit wiederholter Ausübung anderer schwerer Straftaten zusammenhängen. Die Ziele der strafrechtlichen Haftung können nicht erreicht werden.

 

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