Wir stellen Ihnen hiermit das Monitoring „Repressionen gegen Schneemänner und Puppen in Belarus“ vor, das von den Menschenrechtsverteidigern und Aktivisten von «Наш дом» angefertigt wurde. Wir möchten vorab betonen, dass das Bauen von Schneemännern und Puppen in Belarus (unabhängig von ihrer Farbe) nach belarussischem Recht nicht verboten ist und keine besondere Genehmigung der staatlichen Behörden erfordert. Auch fällt es nicht in die Kategorie einer „nicht genehmigten Handlung“ oder eines „unangemeldeten Protests“. Dennoch wurden im vergangenen Jahr belarussische Schneemänner und Puppen, sowie ihre Macher Opfer von Repression und ungerechtfertigter Strafverfolgung, die in keinster Weise auf belarussischem Recht beruhen.

Wir möchten auch hervorheben, dass das Bauen und Basteln von Schneemännern und Puppen sogar ein unveräußerliches Recht aller belarussischen Männer und Frauen ist, und rufen dazu auf, belarussische Schneemänner und Puppen zu schützen.

Details zu den Repressionen gegen Schneemänner und Puppen finden Sie im folgenden Text.

Am 30. Januar 2019 befasste sich das Verwaltungsgericht in Brest mit dem Fall von Yulia Nichiporuk und erteilte ihr eine Geldstrafe in Höhe von einem Tagessatz (25,5 Rubel oder etwa 10 Euro). Die junge Mutter wurde dafür bestraft, dass der Schneemann, der von ihren Kindern gebaut wurde, ein Flugblatt gegen den Bau einer Batteriefabrik hielt. 1 Das Gericht betrachtete den Schneemann als Teilnehmer an einer unangemeldeten Massenveranstaltung.

Auf dem ist der „protestierende“ Schneemann, der von Julias Kindern gebaut wurde, zu sehen

 

Am 9. November 2020 verurteilte das Gericht im Novobelitsky-Bezirk in Homel   die zweifache Mutter Natalya Glazkov zu einer Geldstrafe in Höhe von 810 Rubel. Sie hatte das Spielzeug „Der Wartende“ angefertigt und fotografiert.

Laut ihrer Aussage vor Gericht, bemerkte Julia Iwantschenko im Erholungsgebiet „Prudy“ zwei Frauen, die „ein Spielzeug fotografierten, das dem Präsidenten ähnelte „– und rief deshalb die Polizei. Nach dem Protokoll des Polizeibeamten Jewgeni Kowalew präsentierte sich Natalya „an einem vorher vereinbarten Ort mit einem Spielzeug in einer roten Jacke und mit einer weiß-rot-weißen Flagge“.

Die Richterin kam zu dem Schluss, dass die Frauen „versucht haben, ihre Haltung zu gesellschaftlichen und politischen Ereignissen zum Ausdruck zu bringen, ohne die Erlaubnis des Stadtvorstands zu erfragen“.[1]

 Als Ergebnis erteilte das Gericht der Frau eine Geldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen für einen „nicht genehmigten Protest“ (810 Rubel oder 270 Euro). Zuvor wurde auch Natalyas Freundin Oksana Likhodievskaya, die ebenfalls Fotos von dem Spielzeug machte, zu einer Geldstrafe in Höhe von 25 Tagessätzen (637,5 Rubel oder 250 Euro) verurteilt.

Das Spielzeug, das das Gericht als unangemeldeten Protest ansieht.

Am 29. November 2020 fuhren in Gomel zwei Kleinbusse der Polizeieinheit „OMON“ zu einem „Protest“, bestehend aus einem Schneemann. Der Schneemann konnte nicht festgenommen werden, daraufhin nahm die Polizei eine vorbeikommende Anwohnerin in Gewahrsam [2].

Das Bild des „protestierenden“ Schneemanns, zu dessen Festnahme zwei Minibusse mit Bereitschaftspolizisten geschickt wurde

Am 24. Dezember 2020 baute ein Bewohner der Region Gomel einen Schneemann mit Schnurrbart, rotem Schal und der Aufschrift „ES LEBE BELARUS“ auf seinem Grundstuck.

Fünf Tage später, als der Schnee und dementsprechend auch der Schneemann längst geschmolzen waren, kam ein Polizeibeamte an das Gelände, um ein Verwaltungsprotokoll nach Artikel 23.34 zu erstellen. Der Beamte zeigte dem Mann ein ihm zugespieltes Foto des Schneemanns und stempelte diesen als einen „nicht genehmigten Protest“ ab. Jetzt erwartet den Mann eine Geldstrafe oder 15 Tage im Gefängnis.[3]

Im Bild: Der „protestierende“ Schneemann

Am 7. Januar 2021 führten die Sicherheitskräfte einen Einsatz zur „Neutralisierung der Schneemänner“ im Minsker Stadtviertel „Lebyazhy“ durch.

Am 12. Januar 2021 brach ein Unbekannter in Zivilkleidung in die Wohnung einer Frau ein, an deren Fenster ein Schneemann gemalt war. Der Unbekannte drohte der Frau mit weiteren Folgen, wenn sie den Schneemann nicht aus dem Fenster entferne.

 

 

 

Das Monitoring erfolgt auf der Grundlage offener Quellen

[1] https://news.tut.by/society/707157.html?c

[2] https://belaruspartisan.by/politic/519127/

[3] https://euroradio.fm/ru/v-gomele-muzhchinu-budut-sudit-za-piketiruyushchego-snegovika

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