Es ist kein Geheimnis, dass die Regierung die weiß-rot-weiße Protestflagge hasst. Sogar so sehr, dass es nach den Wahlen plötzlich hieß: Es ist nun auch verboten, in Belarus weiße und rote Kleidung zu tragen. Man kann dafür festgenommen, zu einer Geldstrafe oder sogar zu 15 Tagen Gefängnis verurteilt werden. Dieser Bericht soll detailliert beschreiben, wie die Belarussen nur wegen der Farbe ihrer Kleidung unterdrückt werden.

Die erste Verhaftung aufgrund der „falschen“ Farbe der Kleidung fand in Brest statt. Am 11. August stürmten Silowiki die Werkstatt der Juweliere Natalya Klimovich und Uladzislau Abramovich. Einer von ihnen bemerkte Natalyas weiß-rot-weißes Kleid und bat sie mitzukommen. Vladislav wurde auch festgenommen, nachdem er sich erkundigt hatte, aus welchen Gründen seine Frau festgenommen wurde.

Natalia wurde zwei Tage später aus dem Gefängnis entlassen, wurde aber trotzdem nach Artikel 23.34 des Strafgesetzbuch angeklagt. Später wurde ihr eine gerichtliche Vorladung zugestellt, in der es hieß, dass sie zum Zeitpunkt der Festnahme an einem nicht genehmigten Protest teilnahm und Parolen rief, sowie nicht auf die Anweisungen der Polizeibeamten reagierte[1].

Am 2. Oktober wurden fünf Frauen, darunter vier Lehrerinnen, beim Niederlegen von Blumen am Denkmal für Iryna Paskevich in Homel festgenommen. Im Bericht der Silowiki hieß es, dass sie „ohne Erlaubnis des Stadtexekutivkomitees in politischer Kleidung Blumen am Denkmal für Suskevich niederlegten“. Eine der Frauen wurde zu einer Geldstrafe von 1.350 Rubel verurteilt[2].

Am 1. November verhaftete die Polizei in Hrodna Inna Zaytseva, besser bekannt als „weiß-rot-weiß-Braut“. Seit dem 6. September ging die junge Frau in einem weißen Hochzeitskleid mit einem roten Streifen zu den Sonntagsdemonstrationen, wie auch eben an diesem 1. November, als sie im gleichen Outfit zur Unterstützungskation für der Arbeiter von „Hrodna Azot“ kam. Für ihre Proteste im Hochzeitskleid erhielt Inna neun Anzeigen und  insgesamt eine Geldstrafe von 5.675 Rubel[3].

Am 23. November wurde nach dem Marsch der Rentner die 70-jährige Onkologin Sviatlana Yatskova festgenommen. Am Tag der Festnahme trug sie einen weißen Pelzmantel, eine rote Mütze mit einer weißen Bommel und einen roten Schal. Als die Frau in der Yanka-Kupala-Straße war, fuhr ein Kleinbus vor und eine Schar von Silowiki sprang heraus. Ihre Schwester Anna und ihr Hund mussten neben ihr dabei zu sehen[4].

Am 26. November veröffentlichte der Telegram-Kanal „Girl Power Belarus“ die Geschichte der Studentin Anastasia. Die junge Frau fuhr nach dem Rentner-Marsch mit der Straßenbahn nach Hause. Sie trug eine weiß-rote Jacke. Plötzlich stiegen Silowiki in die Straßenbahn und zogen sie heraus[5]. Weitere Details des Vorfalls sind nicht bekannt.

Am 3. Dezember stürmten Silowiki in Mahiliou die Wohnung vom Ivan Ershov. Anlass war die Beschwerde einer Nachbarin über die Wäsche, die auf dem Balkon hing: zwei weiße T-Shirts und ein rotes. Die Wohnung wurde durchsucht, Notebooks beschlagnahmt und ein Protokoll angefertigt. Die Polizisten gaben an, dass Ivan verdächtigt werde, ein Verbrechen nach Artikel 23.34 begangen zu haben. Eine schriftliche Bestätigung über die Beschlagnahmung der technischen Geräte hat Ivan nie bekommen. Er wurde zu einem Gespräch bei der Polizei eingeladen, am Tag des Gesprächs wurde ihm jedoch telefonisch mitgeteilt, dass er nicht zu kommen braucht[6].

Am 20. Januar wurde Lubou Sarlai in Hrodna festgenommen. Sie verbrachte 24 Stunden hinter Gittern (obwohl sie Kinder im Alter von zwei und sechs Jahren zu Hause hatte) und erhielt dann eine Geldstrafe in Höhe von 580 Rubel. Der Grund war ganz einfach: die Frau trug eine Hose mit einem weiß-rot-weißen Streifen. „Ich habe nichts geschrien, ging nur vom Café zum Auto. Meine Bekannte und ich wurden festgenommen und auf die Polizeistation gebracht. Ich fragte die Polizisten, warum ich festgenommen worden sei. Sie antworteten nur mit einer Gegenfrage: „Sie haben also nichts mit Ihrer Hose gemeint?“, erinnerte sich Lubou. „Protest“-Hosen trug sie seit 2014, und es hatte nie ein Problem gegeben. In dem Bericht hieß es, dass „die Farbe der Hose die gesellschaftspolitische Situation stört“. Ein Gericht sprach die Frau nach Artikel 23.34. schuldig. Zudem fand sich ein Zeuge der Silowiki, der aussagte, dass Lubou Parolen rief[7].

Am 5. Februar erzählte eine Bewohnerin von Hrodna, Maria, die Geschichte ihrer Verhaftung wegen einer weißen Daunenjacke und einer roten Mütze und roter Handschuhen. Beim ersten Mal wurden sie und ihr Mann auf einer Messe im Zentrum von Hrodna festgehalten. Am Ende eines Spaziergangs sprachen Männer in Zivil das Paar an und baten es, sich auszuweisen und hielten sie fest. Nach ein paar Stunden wurde das Paar wieder entlassen. Beim zweiten Mal versteckten sich Maria und ihre Freundinnen in einem Café, wo sie ihre weiße Daunenjacke schnell ausziehen konnte[8].

Am 15. Februar fand ein Prozess gegen den Informatiker Maxim Nikolski statt. Er wurde zu sieben Tagen Gefängnis verurteilt, weil er weiße und rote Kleidung auf dem Balkon aufgehängt hatte. Der junge Mann bat die Richterin eindringlich um eine Geldstrafe, da er in einer Woche heiraten würde, aber sie sah darin kein Hindernis.

Im Protokoll wurde festgestellt, dass er „zum Zwecke der öffentlichen Äußerung seiner politischen Interessen eine Demonstration, genauer einen Einzelprotest, durch Anbringen von Elementen weiß-rot-weißer Kleidung an der Fensterscheibe seiner Mietwohnung durchgeführt hatte“[9].

[1] https://www.b-g.by/society/brestchanka-kotoruyu-budut-sudit-za-belo-krasno-beloe-plate-reakciya-u-nih-byila-kak-u-byika-na-krasnuyu-tryapku/?fbclid=IwAR1CImWz-tulJwb3dSPc1wrGweD7BquzJPVo3SpGastDvD-h57-IkrU55BA

[2] https://nn.by/?c=ar&i=260692&lang=ru

[3] https://nash-dom.info/lib/browse/ponyala-chto-v-takom-obraze-zvuchu-gromko-istoriya-bchb-nevesty-inny-zajtsevoj

[4] https://finance.tut.by/news708790.html

[5] https://t.me/bel_girls/2147

[6] https://news.tut.by/society/710441.html

[7] https://nn.by/?c=ar&i=266942&lang=ru

[8] https://ru.hrodna.life/articles/fashion-police/

[9] https://dev.by/news/programmistu-dali-7-sutok

 

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