Der Staat bereitete den Angehörigen von Häftlingen, die ihre Strafe in Strafkolonien in Belarus verbüßen, eine gewaltige Überraschung. Die Preise für Langzeitbesuche in den Einrichtungen wurden deutlich erhöht. Die Verwaltung der Kolonien argumentiert: Die Besuchsräume sind renoviert worden – extra für die Besucher. Und fügt auch hinzu, dass im Jahr 2020 das Ministerium für innere Angelegenheiten das Dekret № 143 „Über das Verfahren zur Berechnung, der Erstattung der Mittel für den Staatshaushalt im Jahr 2020,“ erlassen, nach dem es für Inhaftierte notwendig wird die Kosten, auch für Gäste, zu übernehmen.

So beträgt in der Strafkolonie Nr. 22 „Wolfsloch“, in der sich Gefangene befinden, die eine Strafe nach Artikel 328 (Drogenmissbrauch) verbüßen, der Preis für einen Besuch pro Tag 13,46 Rubel, für Kinder unter 8 Jahren ist es umsonst. Auf einem Informationsblatt der Kolonie können Sie sehen, auf welcher Basis dieser Betrag berechnet wurde. Und da finden Sie ganz interessante Zahlen, wie das Gehalt des Wartungspersonals in der Kolonie, welches mehr als 2300 Rubel beträgt.

Rechnen wir mal: Nehmen wir an, eine dreiköpfige Familie kommt zu Besuch. Vier (drei Familienmitglieder und der Häftling) multipliziert mit 13,46 Rubel und einem Zeitraum von drei Tagen ergibt 161,52 Rubel. Für viele Menschen ist diese Summe unerschwinglich. Verwandte sagen, dass zusätzlich noch knapp 600-700 Rubel ($227-265) für die Care-Pakete der Verurteilten hinzukommen. Der Weg von Minsk mit dem Auto kostet 130 Rubel (wenn das Auto mit Dieselkraftstoff betankt ist, aber noch mehr, wenn es Benzin braucht). Die Gesamtsumme beträgt fast 1000 Rubel ($379), das Durchschnittsgehalt beträgt in vielen Regionen Belarus nicht einmal die Hälfte (nach offiziellen Zahlen).

Angehörige von Insassen, die die Kolonie besuchten, sagten: Es wurde tatsächlich ein wenig renoviert, eine Glas- und Kunststofftür wurde eingebaut, Linoleum wurde verlegt. Jedes Besuchszimmer hat einen kleinen Fernseher, Stühle, Geschirr (zwei Töpfe, Teller, Tassen, Karaffen, Gläser, Gabeln, Löffel). Das Bettzeug ist stark gewaschen, es gibt einen kleinen Teppich in der Mitte des Zimmers. In der Küche wurden Backöfen ausgetauscht, Mikrowellen ersetzt, Dunstabzugshauben installiert und Kühlschränke erneuert. Die Toiletten haben neue Sanitäranlagen, und es gibt ein Kinderzimmer. Dabei sind die alten Wasserkocher geblieben, von denen einer nicht funktioniert, und im Hof gibt es eine eher fadenscheinige Kinderrutsche und Schaukeln.

Die Angehörigen sind aber unzufrieden, weil in Krankenhäusern, Kindergärten und ähnlichen Einrichtungen kein Geld von den Besuchern für die Kosten von Reparaturen oder Renovierungen genommen wird. Außerdem verbringt der Gefangene nicht einmal drei Tage mit seinen Verwandten: Erst mitten am Tag wird er zu seinen Besuchern gebracht und um 21 Uhr muss er wieder gehen, dass das Gefängnispersonal müsse seine Schicht beenden. Viele Familien kommen meist eh ohne kleine Kinder – aber es stellt sich trotzdem heraus, dass sie sowohl für das Kinderzimmer als auch für den Spielplatz bezahlen müssen.

Die Mutter eines Gefangenen mit russischer Staatsangehörigkeit erzählte uns, dass die Besuchsbedingungen in den Kolonien in den Nachbarländern sehr unterschiedlich sind:

– Wir kamen zu Besuch und ich sah die Zimmer, für die wir bezahlt haben. Dunkel und mit niedrigen Decken… Dann wurde mein Sohn nach Russland ausgeliefert. Wir trafen uns mit ihm dort auf die gleiche Weise, für die Zimmer musste nicht gezahlt werden. Die Zimmer werden Hotelzimmer genannt, jedes von ihnen hat einen Fernseher, einen Wecker, eine Wanduhr, Nachttischdecken, Jalousien, Bücher. Wurden wir in der Strafkolonie-22 erst am Abend vollständig durchsucht und mussten dann durch einen Haufen anderer „Prozeduren“, so kamen wir in Russland schon vor dem Mittagessen aufs Zimmer, geben unsere Telefone und Wertsachen ab, und schon wird das Zimmer durchsucht. Das ist so praktisch: Man legt sofort alles an seinen Platz und zieht sogar die Hausschuhe an. Außerdem wird in Russland von den Insassen kein Geld für die Einreichung von Gerichtsklagen aller Instanzen verlangt, da sie kein Geld haben.

Übrigens, in der Strafkolonie-17 in Schklov hat man auch renoviert und neue Möbel in die Zimmer gestellt. Es gibt ein Kinderzimmer, zwei Küchen, neues Geschirr, Fernseher in jedem Zimmer, Küche und Kinderzimmer zur Verfügung der Besuchsgefangenen. Die Kosten für einen Besuch betragen 3 Rubel pro Tag und Person.

In der Strafkolonie #15 in Mogilev wurden auch die Zimmer für Besuche renoviert, jedes Zimmer hat jetzt einen Fernseher, die meisten Zimmer haben eine Mikrowelle und einen Kühlschrank. Es gibt auch einen ziemlich modernen Buffet-Speisesaal, in dem Sie nicht nur sitzen und entspannen können, während Sie darauf warten, dass Sie an der Reihe sind, sondern auch Waren kaufen können um sie dann an die Inhaftierten weiterzugeben. In dieser Kantine nehmen auch die Mitarbeiter ihr Mittagessen ein.

In der Justizvollzugsanstalt Bobruisk Nr. 2 befinden sich die Besucherzimmer auf zwei Etagen des Gebäudes. In jedem Zimmer gibt es zwei Etagenbetten, die Angehörigen erhalten bunte, schöne und saubere Bettwäsche. Die Küchen sind mit Wasserkochern, Mikrowellen, Kühlschränken und Herden ausgestattet und verfügen über alle notwendigen Geräte. Die Preise für einen Termin sind wie folgt: 3,08 Rubel pro Person, Kinder unter sieben Jahren sind kostenlos. Der Preis für einen dreitägigen Besuch für eine Familie mit zwei Personen beträgt 21,50 RUB, für eine Familie mit drei Personen – 32,50 RUB. Sie ist mehr als fünfmal geringer als bei demselben Besuch in Strafkolonie-22.

Angehörige von Gefangenen in der Strafkolonie Gomel #4 (Frauenkolonie) beschweren sich über die Bedingungen für ihre Besuche. Zum Beispiel steht die Toilette draußen, es gibt keine Türen, statt Toiletten gibt es Löcher im Boden, ein spezieller Geruch ist damit unausweichlich.

Warum also sind die Preise für Besuche in den Kolonien gestiegen? Mit dem Erlass № 143 des Innenministeriums wurden zwei Anweisungen genehmigt: über das Verfahren zur Berechnung, Erstattung der Kosten von Verurteilten für ihre Inhaftierung in Justizvollzugsanstalten des offenen Typs und über das Verfahren zur Berechnung, Erstattung der Kosten von Verurteilten, Bürgern, die sich in medizinischen und arbeitspräventiven Zentren befinden, oder Bürgern, die sie besuchen kommen, für das Wohnen in den langen Besuchsräumen. Demnach müssen die Insassen die Kosten für die Verpflegung in der Justizvollzugsanstalt und die Kosten für die Nebenkosten erstatten. Das Geld „wird den Einnahmen des republikanischen Haushalts als Ausgleich für die entsprechenden Kosten gutgeschrieben”.

Nach demselben Erlass umfassen die Kosten für den Aufenthalt in einem langen Besuchsraum das Gehalt des Personals, Wäsche, Waschmittel, größere Reparaturen und Nebenkosten. Das Geld wird entweder von besuchenden Verwandten oder Verurteilten bezahlt (in diesem Fall wird das Geld vom persönlichen Konto abgezogen). Nun, aber die Frage, warum ein Besuch in manchen Kolonien 3 Rubel kostet und in anderen mehr als 13 Rubel, bleibt dabei weiterhin offen…

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