Der „Präsident“ rühmt sich, dass vor 76 Jahren die UdSSR (und damit Belarus) den Zweiten Weltkrieg gewonnen hat. Die Schrecken jener Jahre leben noch ständig mit den Belarussen – von der Schule an wird uns erzählt, was mit unseren Vorfahren geschah, der staatliche Filmproduktionsfirma “BelarusFilm” dreht Kriegsfilme und die Zeitungen schreiben über den Sieg und erinnern daran, wie wichtig es ist, den Kriegsveteranen zu helfen. Tatsächlich erhalten die Opfer des Krieges aber bestenfalls einmal im Jahr Hilfe – zum 9. Mai. Kurz nach diesem Feiertag erzählen wir, wie die „Regierung“ alte Menschen im Stich lässt und wie „Unser Haus“ ihnen hilft.
In diesem Jahr wurde den Rentnern an diesem Feiertag ein weiteres „Geschenk“ gemacht, indem die ihre Rentenzahlungen eingestellt wurden. Nach einer Hasswelle im Internet, bekamen die Behörden Angst und stellten zumindest den Veteranen wieder das Geld zur Verfügung. Andere Probleme älterer Menschen liegen jedoch nach wie vor auf den Schultern von Menschenrechtsaktivisten und hilfsbereiten Bürgern. Am „Internationalen Tag der Befreiung der Gefangenen der faschistischen Konzentrationslager“ haben wir erzählt, wie Aktivisten die Probleme der Rentner lösen, die als Kinder in diesen Todeslagern waren. Heute wollen wir noch Informationen hinzufügen und zeigen was „Unser Haus“ tut, um das Leben der Veteranen zu erleichtern.
Im Januar 2012 organisierten die Aktivisten einen runden Tisch, der den Problemen der Überlebenden des ehemaligen Konzentrationslagers „5. Regiment“ in Witebsk gewidmet war. Die Rentner teilten „Unser Haus“ ihre Sorgen mit: kleine Renten, mangelnde Aufmerksamkeit der Behörden – und bedankten sich für ihr Interesse an den Problemen. Sie diskutierten auch das Thema des Buches „Children of War“.
Im selben Jahr begann das Dach eines Hauses in Slutsk, in dem Kriegs- und Arbeitsveteranen lebten, undicht zu werden. Aktivisten der Bürgerkampagne „Unser Haus“ halfen, 60 Unterschriften der Bewohner des Hauses zu sammeln und die Beschwerde an den stellvertretenden Vorsitzenden des Bezirksexekutivkomitees für Wohnen und kommunale Dienstleistungen und den Abgeordneten des örtlichen Bezirks zu schicken. Die Aktivisten führten eine Inspektion des Gebäudes durch – in jedem Eingangsbereich in den oberen Stockwerken wurden die Decken in den Wohnungen und die Balkone schwarz aufgrund der anhaltenden Feuchtigkeit vorgefunden. Die Beschwerde enthielt die Forderung, eine Kommission zur eingehenden Untersuchung des Daches einzusetzen und das Haus in den Dachreparaturplan der Stadt aufzunehmen.
Im Jahr 2013 sprach “Unser Haus” das Thema der Verbesserung der Arbeit mit Veteranen an. Der Militärkommissar lehnte schriftlich den Vorschlag der Aktivisten ab, den Veteranen zu den Feiertagen des militärischen Ruhms zu gratulieren. Das Militärkommissariat und das Exekutivkomitee des Kreises Tolotschyn nahmen auch nicht an der Beerdigung des Grenzsoldaten Nikalai Belanowitsch teil und veröffentlichten zu diesem Anlass auch keinen Nachruf in der Zeitung. Übrigens wurde der Veteran vor seinem Tod erst in das Krankenhaus eingeliefert, nachdem ein Aktivist die Bezirksbehörde angerufen hatte.
Im Winter 2014 schrieb „Unser Haus“ über einen Veteranen aus dem Dorf RTS, in der Nähe der Agrar-Stadt Kokhanovo, Bezirk Tolochin. Am Vorabend des neuen Jahres erhielt der Rentner eine Einladung zur einer Untersuchung durch die Fachkommission für Medizin und Rehabilitation in Witebsk. Der Veteran hat tausende Kilometer durch Partisanenwälder zurückgelegt, hat mehrere Verwundungen, Kriegsauszeichnungen und einen Invalidenstatus der 1. Gruppe. Es wäre für ihn schwierig geworden, für das Treffen zum nach Witebsk zu gelangen.
Im Frühjahr 2020 startete „Unser Haus“ die Kampagne “STOPParade”. Inmitten der Coronavirus-Pandemie wollte Lukaschenko seinen eigenen Weg gehen und eine Parade auch mit Veteranen, Soldaten und vielen Zuschauern veranstalten, die gezwungenermaßen, für eine Auszeit oder auf Druck ihrer Vorgesetzten von der Arbeit zur „Feier“ kommen mussten . Die Behörden verlangten, dass alle, auch ältere Menschen, für die COVID-19 besonders gefährlich ist, ohne Schutzmasken auskommen. Was ist das, wenn nicht der Genozid an Veteranen? Die finanziellen Mittel, die für die Parade ausgegeben wurden, hätten für die Unterstützung älterer Menschen, den Bau neuer Schulen, Kindergärten und Krankenhäuser verwendet werden können. Stattdessen zog es Lukaschenko vor, der Welt die Stärke der belarussischen Armee und seine eigene Eitelkeit zu demonstrieren.
In dem kürzlich erschienenen Bericht über die Unterdrückung ältere Menschen haben wir auch über diejenigen berichtet, die irgendwie vom Krieg betroffen waren. Die 79-jährige Minskerin Larisa Sous, Behinderte der 2. Gruppe, überlebte den Holocaust. Zu Beginn des Krieges war sie drei Monate alt. Ihre Mutter ging mit ihr und ihrem Bruder, der 4 Jahre alt war, zu Fuß von Minsk in ein Dorf während Nazibomben um sie herum fielen. Ihr Vater kämpfte und wurde bei Stalingrad verwundet. Im Jahr 2020 nahm Larisa Sous an einem friedlichen Protest teil. Als Bereitschaftspolizisten mit Maschinenpistolen auf die Menschen zustürmten, hatte die Rentnerin keine Zeit sich vor ihnen zu verstecken. Sie wurde in einen Polizeiwagen geworfen und verbrachte mehr als sechs Stunden auf der Polizeistation. (5)
Sofia Minko war zwei Jahre alt, als der Krieg begann. Sie ist jetzt 81 Jahre alt und wurde für ihre Teilnahme am Marsch der Rentner zu einer Geldstrafe verurteilt. Sie wurde nach Teil 1 des Artikels 23.34 angeklagt. Nach Ansicht des Gerichts hat die Frau vorsätzlich die festgelegte Ordnung des Straßenmarsches verletzt. Sie hielt während des Marsches eine weiß-rot-weiße Fahne in der Hand. Richter Dmitri Karsiuk verhängte als Strafe eine Geldstrafe von 270 Rubel. Die gesamte Rente von Sofia Nikolajewna beträgt 450 Rubel.
Wir haben hier nur einen kleinen Teil der Repressionen gegen Rentner und Kriegsveteranen beschrieben. Wir wollen zukünftig ihnen mehr Respekt und ein anständiges Leben im Alter ermöglichen. Wir wünschen allen Veteranen, Gefangenen der faschistischen Konzentrationslager, allen, die den Krieg als Kinder mitbekommen haben und in den Kriegsjahren geboren wurden, Gesundheit, ein langes Leben, Kraft und Stärke und vor allem Respekt von den Menschen um sie herum. Wir ehren die gefallenen Helden und im Gedenken an sie werden wir alles tun um unser Land von Lukaschenkos faschistischer Herrschaft zu befreien.