Die Entführung des Flugzeugs Athen-Vilnius durch das Regime zerstörte die Beziehungen zwischen Belarus und Europa fast vollständig. Aber wie üblich waren an diesem Umstand wieder nicht sie selbst, sondern die Nachbarn schuld. Mit dieser Einstellung widmete sich am 26. Mai ans belarusische Volk und sagte, dass Belarus nun aufhören könne, Drogenhandel und Migration zu bekämpfen: „Wir haben Drogen und Migranten gestoppt – jetzt könnt ihr sie selbst essen und fangen“. Am selben Tag kündigte Außenminister Uladzimir Makiej an die Aussetzung der Zusammenarbeit zwischen Belarus und der Europäischen Union bei der Bekämpfung der illegalen Migration, der organisierten Kriminalität und der nuklearen Sicherheit. Diese Androhungen wurden bereits auch schon erfolgreich umgesetzt.
Am 2. Juni verkündete die litauische Innenministerin Agnė Bilotaitė eine Zunahme der Zahl illegaler Migranten aus Belarus: „Wir haben Aussagen von Alexander Lukaschenko gehört, dass sie uns mit illegalen Migranten und Drogen überfluten werden, aber wir beobachten diesen Trend illegaler Migranten seit einiger Zeit. Wenn wir die Zahlen vergleichen, kamen in fünf Monaten von 2021 189 illegale Migranten aus Belarus nach Litauen, was im Vergleich zum Vorjahr doppelt so viel ist. Aus unserer Sicht ist klar, dass belarussische Beamte möglicherweise an einem organisierten illegalen Flüchtlingsstrom zusammenarbeiten und daran teilnehmen.”
Am 8. Juni erklärte Laurynas Kasčiūnas, der Vorsitzende des nationalen Sicherheits-und Verteidigungsausschusses des Parlaments, dass weit weniger Migranten nach Polen als nach Litauen geschickt wurden, während in Lettland die Zahl der Geflüchteten gleich Null war: „Die illegalen Migrantenströme hängen mit vier wöchentlichen kommerziellen Flügen von Bagdad und Istanbul nach Minsk zusammen. Migranten haben den Ausdruck „politisches Asyl“ gelernt. Nachdem sie dieses Wort ausgesprochen haben, sollte Litauen mit dem Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit des Antrags auf politisches Asyl beginnen“.
Das Problem des Zustroms irregulärer Migranten von Belarus nach Litauen wurde bereits im April angesprochen. Am 2. April 2021 nahmen litauische Grenzbeamte eine Gruppe von 15 irakischen Bürgern in der Region Shalchininkai fest. Unter Ihnen waren Frauen und drei Kinder. Die Flüchtlinge hatten keine Dokumente. Der Grenzschutz hat eine Untersuchung des illegalen Grenzübergangs eingeleitet.
Am 21. April 2021 haben Grenzbeamte drei weitere Personen festgenommen, die illegal die belarussisch-litauische Grenze in der Nähe des Dorfes Rakai in der litauischen Region Varėna überquerten. Es waren junge Menschen aus Jemen, 22 und 24 Jahre alt. Sie trugen Rucksäcke mit ihren persönlichen Gegenständen, hatten aber keine Dokumente bei sich.
Am 3. Mai 2021 sagten litauische Grenzbeamte, dass in den ersten drei Monaten des Jahres etwa 90 Menschen illegal die Grenze zwischen Belarus und Litauen überschritten haben. Die meisten Migranten, 59 Menschen, sind Bürger des Irak, da es von dort Direktflüge nach Minsk gibt. Sie kommen mit dem Auto an die Grenze. Unter den Geflüchteten gibt es auch Menschen aus Tadschikistan, Jemen, Sri Lanka, Türkei, Russland. Belarusische Grenzbeamten zögern, Fälle von illegalen Einwanderern zu untersuchen, die die Grenze zu Belarus überqueren, und weigern sich sogar, litauische Grenzbeamte zu informieren, wenn sie Verstöße festhalten. Es gibt keine Reaktion auf die Aussagen Ihrer litauischen Kollegen.
Am 4. Juni 2021 berichteten litauische Medien über die Inhaftierung von 52 Ausländern an der Grenze von Litauen und Belarus an einem Tag. Nach dem Überschreiten der Grenze ließen sich die illegalen Einwanderer in der Region Shalchininkai nieder, sie hatten keine Dokumente. Sie alle stellten sich als Bürger Syriens und des Irak vor. Zwei weitere irakische Staatsbürger landeten in der Region Vilnius und baten auch um Asyl in Litauen. Der litauische Grenzschutz hat die Flüchtlinge in verschiedenen Gebieten umgesiedelt.
Am 5. Juni 2021, fand der Grenzschutz eine Gruppe von 20 Flüchtlinge in einem Wald in der Lazdijski region an der Grenze zu Belarus. Einer von ihnen stellte sich als Bürger des Irak vor, zwei kamen aus Ägypten, vier Migranten kamen aus Tadschikistan, 11 waren russische Staatsbürger. Alle Migranten baten um Asyl in Litauen.
Am 6. Juni 2021 hielten Grenzbeamte drei Migranten an, die sich als Bürger Afghanistans in der litauischen Region Svenchen vorstellten. Die Männer hatten keine Dokumente bei sich. Der litauische Grenzschutz verhörte die Inhaftierten und führte ein Identifizierungsverfahren durch. Insgesamt wurden am Wochenende des 5. und 6. Juni 30 illegale Migranten festgenommen. Sie kamen aus Syrien, Irak, Iran, Afghanistan, Türkei.
Am 8. Juni 2021 wurden 14 weitere illegale Migranten in den Grenzregionen Ignalina und Lazdija festgenommen. Zu diesem Zeitpunkt war die Gesamtzahl der aus Belarus ankommenden Flüchtlinge auf 300 Personen angewachsen, was mehr als die Gesamtzahl der drei Jahre zuvor beträgt. Es gab praktisch keine Plätze mehr im Registrierungszentrum für Ausländer in Pabrada, und das Militär begann eine Zeltstadt an der Grenze zu gründen. Am 11. Juni wurden fünfzehn weitere Migranten im Genzgebiet gefunden. Die Nationalität der Geflüchteten wird geklärt.
Der Leiter des staatlichen Grenzschutzdienstes, Rustam Lyubaev, stellte fest, dass die belarussischen Grenzbeamten die Spuren illegaler Grenzübergänge verbergen und als Reaktion auf alle Anschuldigungen nach Beweisen fragen. Die Beamten des belarussischen Grenzschutzes tauchten bald an der Stelle auf, an der die Gruppe illegaler Migranten festgenommen worden war, und säuberten die Spuren des Grenzübergangs. Der Grenzschutz kündigte auch die Verstärkung der Grenzkontrollen an der belarussisch-litauischen an.
Polen sieht sich ebenfalls mit der illegalen Einwanderung aus Belarus konfrontiert. Am 6. April 2021 versuchten 15 russische Staatsbürger mit tschetschenischer Herkunft das Land aus Belarus zu betreten. Sie wurden im Dorf Melnik der Woiwodschaft Podlasie, 400 Meter von der belarussisch-polnischen Grenze entfernt, festgenommen. Sie wurden in Registrierungszentren für Ausländer in Kentshin und Bialystok untergebracht.
Im April wurde eine weitere Gruppe illegaler Einwanderer, die die belarussische Grenze überquerten, in Polen festgenommen. Am 22. April 2021 entdeckten Grenzbeamte zehn Migranten und drei georgische Staatsbürger, die ihnen beim Grenzübertritt halfen. Die Flüchtlinge erwiesen sich als russische Staatsbürger tschetschenischer Herkunft und Bürger Tadschikistans. Illegale Migranten wurden auf gerichtliche Anordnung in Zentren für Ausländer in Kentshin und Bialystok untergebracht, und die Georgier, die ihnen geholfen haben, nach Polen zu gelangen, müssen eine Verurteilung erwaten.
Am 8. Mai 2021 wurde in Ostdeutschland nahe der Grenze zu Polen eine Gruppe von 9 Irakern festgenommen, die sich zu Fuß entlang einer Autobahn bewegten. Unter ihnen waren drei Teenager und zwei Kinder. Alle von ihnen wurden illegal über die belarussische Grenze in die Europäische Union gebracht. Sie sagten, ihre Pässe seien ihnen in Belarus weggenommen worden und sie hätten 84.000 Euro zahlen müssen, um illegal in die EU einzureisen.
Am 25. Mai 2021 wurde berichtet, dass acht iranische Staatsangehörige aus Belarus nach Polen eingereist waren. Die Gruppe Bestand aus drei Kindern, 9, 11 und 15 Jahre alt. Die Migranten wurden in Lagern in Kentshin und Bialystok untergebracht.
Am 2. Juni 2021 wurden 24 Migranten an der polnischen Grenze festgenommen. Unter ihnen- elf Bürger Afghanistans, neun Bürger Russlands mit tschetschenischer Herkunft, zwei Bürger Palästinas, ein Bürger Armeniens und ein Bürger Jordaniens. Insgesmat wurden 110 Personen für die illegale Überquerung der belarussisch-polnischen Grenze seit Jahresbeginn festgenommen, was knapp viermal so viel ist, wie im gesamten Jahr 2020.
Im Gegensatz zu ihren Kollegen haben die lettischen Grenzbeamten den Zustrom illegaler Migranten aus Belarus noch nicht als stark erhöht wahrgenommen. In den letzten Wochen wurde nur ein Fall von illegalem Überschreiten der lettisch-belarussischen Grenze festgehalten. Angesichts der Situation in Litauen und Polen ist der Grenzschutz jedoch vorbereitet.
Wie kommen Migranten nach Belarus?
Eine der Annahmen der litauischen Behörden ist, dass Bürger östlicher Länder in Belarus ankommen und dann an die Grenze gelangen. Auch nach dem Vorfall mit Ryanair fliegen die Fluggesellschaften der GUS-Staaten, Turkish und Iraqi Airlines, weiterhin zum Flughafen Minsk. Wenn Sie sich die Herkunft der Flüchtlinge in den obigen Fällen ansehen, können Sie sehen, dass der Irak auch als häufigstes Land vorkommt.
Die Entwicklung des Tourismus vom Irak nach Weißrussland war seit 2013 diskutiert woden. Im Jahr 2015 sagte der Direktor der Niederlassung „Belinturist“ des Staatsunternehmen „CenterKurort“ Alexey Strelchenko: „Ich hoffe, dass Gäste aus Ländern mit heißem Klima die belarussische Natur und das belarussische Klima genießen werden. Und eines der Ziele des Besuchs der Iraker kann der Medizintourismus sein“. Im Jahr 2016 berichtete „CenterKurort“, dass irakische Touristen zur Behandlung nach Belarus kommen. Die Regierung versprach den Minsker Hoteliers sogar, bis zu tausend Übernachtungen pro Monat auf Kosten irakischer Touristen anzubieten. „Es ist kein Geheimnis, vielleicht hat jemand eine Idee, über Belarus nach Europa zu gelangen. Aber dieses Thema wird ihnen verschlossen“, versprach der Leiter des «President-Hotels» Nikolay Podrezenko. Im Jahr 2017 hat der Direktor von «CenterKurort» Oleg Mikhailov noch einmal angemerkt dass die Organisation vermehrt in den östlichen Regionen arbeitet und sich sehr ernsthaft im Irak engagiert.
Am 10. Mai 2021 begann die irakische Fluggesellschaft Fly Bagdad vermehrt Flüge nach Minsk aus dem Irak anzubieten. Die Flugzeuge der Fluggesellschaft aus Bagdad kommen montags und donnerstags in Minsk an – eine Boeing 737-800, die für fast 200 Passagiere ausgelegt ist. Zweimal pro Woche – montags und freitags- fliegt Iraqi Airways von Bagdad nach Minsk. Nach einigen Quellen fliegen sie inzwischen sogar mit einer Boeing 777, die bis zu 550 Passagiere aufnehmen kann.
Fly Bagdad ist eine private Fluggesellschaft, allerding ist Iraqi Airways Enterprise zu 100% im Besitz der Regierung des Irak. Und Belarus hat recht freundschaftliche Beziehungen zum Irak. Am 2. März 2021 wurde es bekannt, dass der Irak im Jahr 2020 zu den führenden Ländern bei der Anzahl der Touristen in Belarus gehörte. Am 8. Mai 2021 erinnerte Lukaschenko an die Freundschaft mit dem ermordeten irakischen Diktator Saddam Hussein, der ihm zufolge etwa eine Million Dollar für den Bau der Nationalbibliothek in Minsk überwies. Am 13. Mai 2021 sagte Lukaschenko, dass Belarus den Irak als vielversprechenden politischen, Handels-und Wirtschaftspartner im Nahen Osten ansieht und feststellt, dass regelmäßige Flüge zwischen den Hauptstädten von Belarus und Irak günstige Bedingungen für die Entwicklung des Tourismus, humanitäre Kontakte und die Durchführung gemeinsamer Geschäftsprojekte schaffen kann. Die Zunahme des Tourismus trägt dazu bei, dass irakische Bürger bei der Ankunft direkt am nationalen Flughafen ein Visum erhalten können.
Außerdem fliegen zwei Unternehmen von Istanbul nach Belarus: die inländische Belavia und Turkish Airlines. Turkish Airlines ist zu 49% in Staatsbesitz, und zu 51% in Besitz von Geschäftsleuten. Im Jahr 2011 unterstützte das Unternehmen den Wettbewerb unter IT-Unternehmen um Leistungen auf dem Gebiet der Informationstechnologie „Golden Byte“. Im Jahr 2014 diskutierte der Vorsitzende des Rates der Republik Anatoly Rubinov mit dem Management des Unternehmens der Anstieg der Anzahl der Flüge zwischen Minsk und Istanbul. Im Jahr 2019 wurden den Vorständen von Turkish Airlines, Touristenvideos über Belarus gezeigt, um Touristen zu den II European Games in Minsk anzulocken. Die Fluggesellschaft war eine der ersten, die im Jahr 2020 zu regelmäßigen Flüge nach Belarus zurückkehrte. Jeden Tag absolviert Turkish Airlines zwei Flüge von Istanbul nach Minsk mit Airbus A321-Flugzeugen, die für 220-Passagiere Platz bieten.
Turkish Airlines Flugzeuge fliegen zu Flughäfen in fast allen Ländern der Welt. Mit einem Umstieg in Istanbul können Sie von Australien, den USA, Chile, den Malediven, Sri Lanka, Jordanien, Afghanistan, Pakistan und vielen anderen Ländern, mit denen das Land keine Direktflüge hat, nach Belarus gelangen. Zum Beispiel dauert die Reise von Kabul, der Hauptstadt Afghanistans, nach Minsk 13 Stunden und 20 Minuten, von Amman, der Hauptstadt Jordaniens – 7 Stunden und aus Beirut, Libanon – etwas mehr als sechs Stunden.
Die Zusammenarbeit zwischen Belarus und der Türkei entwickelt sich ebenfalls als recht fruchtbar. Am 7. Mai 2021 diskutierten Lukaschenko und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan die internationale Agenda und verschiedene regionale Fragen und vereinbarten, den bilateralen Handelsumsatz auf $ 1,5 Milliarden zu erhöhen. Am 28. Mai 2021 unterstützte Erdogan Lukaschenkos Aktionen im Ryanair-Vorfall. Türkische Vertreter bestanden darauf, dass in der NATO – Resolution Verweise auf Sanktionen und die Freilassung der Inhaftierten-Roman Protasevich und Sofya Sapieha – ausgechlossen sein sollten.
Die herzlichen Beziehungen zwischen Belarus und der Türkei werden nicht dadurch beeinträchtigt, dass Lukaschenko Baschar al-Assad im militärischen Konflikt in Syrien unterstützt, und die Türkei – sunnitische Rebellen. Lukaschenko demonstriert ständig Interesse an der Entwicklung einer umfassenden Partnerschaft mit Ägypten. Und Ägypten bildet zusammen mit Israel, Zypern und Griechenland eine antitürkische Koalition. Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern hört da nicht auf. Auch im Bereich der Sicherheit hält man zusammen. Im Jahr 2019 wurde das Interesse der Türkei an gemeinsamen militärischen Entwicklungsarbeit bekannt. Im Jahr 2020 sagte der belarussische Botschafter in der Türkei, Viktor Rybak, dass eine gemeinsame Stellungnahme zwischen dem staatlichen Militärisch-industriellen Komitee von Belarus und dem Präsidium der Verteidigungsindustrie der türkischen Präsidialverwaltung unterzeichnet wurde. Es ist durchaus möglich, dass diese Stellungnahme auch die Rache an der Europäischen Union beinhaltet, mit der die Türkei seit langem kein gegenseitiges Verständnis mehr hat.
Es besteht kein Zweifel, dass illegale Migranten Lukaschenkos Rache an seinen europäischen Nachbarn sind. Durch solche Handlungen entfremdet der illegitime Präsident Belarus zunehmend von der Europäischen Union und zeigt die geringe Bedeutung von Gesetzen und guten nachbarschaftlichen Beziehungen für ihn. Das Wohlergehen der Nachbarländer hängt auch von den Aktionen des belarussischen Volkes ab-durch die Vertreibung von Lukaschenko werden wir nicht nur ein ruhiges Leben für uns selbst gewährleisten, sondern auch die Zusammenarbeit mit unseren Nachbarländern stärken.